Die internationale Zuständigkeit
Für die Frage der Zuständigkeit im Fall der Scheidung ist unerheblich, in welchem Land die Ehegatten geheiratet haben. Das am Ort der Eheschließung geltende Eheschließungsrecht muss jedoch eingehalten werden, sodass es überhaupt zu einer wirksamen Ehe kommt.
Für die EU-Länder gilt die Brüssel II-b Verordnung, die im Einzelnen auflistet, in welchen Fällen von Scheidungen mit Auslandsbezug welches Gericht anzurufen ist. Besteht kein Bezug zu einem EU-Land, so richtet sich die Gerichtszuständigkeit nach dem nationalen Recht der einzelnen Länder. § 98 Abs. 1 FamFG zählt vier Fälle auf, in denen ein deutsches Gericht für eine internationale Scheidung zuständig ist. Es kann durchaus vorkommen, dass nach dem jeweiligen nationalen Recht eine Zuständigkeit mehrerer Länder in Frage kommt. In einem solchen konkurrierender Zuständigkeit ist entscheidend, in welchem Land die Scheidung zuerst eingereicht und dem anderen Ehegatten zugestellt wurde. Ab diesem Zeitpunkt ist die Scheidung bei diesem Gericht rechtshängig und kein anderes Gericht kann mehr über die Scheidung entscheiden. Die doppelte Rechtshängigkeit stellt ein Verfahrenshindernis gemäß § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO dar. Wenn der eine Ehegatte die Scheidung in Frankreich einreicht, kann der andere Ehegatte die Scheidung dann nicht seinerseits in Deutschland einreichen. Bis die Zuständigkeit des französischen Gerichts geklärt ist, wird das später angerufene Gericht das Verfahren von Amts wegen aussetzen, bis die Zuständigkeit des französischen Gerichts geklärt ist (Art. 19 Abs. 1 EuEheVO). Zur doppelten Rechtshängigkeit in der EU folgender Beitrag.
Gut zu wissen: wenn Sie in Frankreich leben, müssen sie sich nicht zwangsläufig in Frankreich scheiden lassen!
Wenn z.B. beide Ehegatten deutsche Staatsangehörige sind, jedoch in Frankreich leben, so können sie unabhängig vom gewöhnlichen Aufenthaltsort gemäß der sogenannten Brüssel II b – Verordnung wahlweise auch ein deutsches Gericht anrufen (in diesem Fall das Amtsgericht Berlin-Schöneberg), falls sie sich nicht in Frankreich scheiden lassen wollen.
Das anwendbare Scheidungsrecht
Nach der Rom-III-Verordnung findet das Scheidungsrecht Anwendung, in dessen Land die Ehegatten ihren letzten gewöhnlichen Aufenthalt haben. Den gewöhnlichen Aufenthalt hat jemand dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweilt. Dies ist anhand der tatsächlichen Verhältnisse zu ermitteln.
Rom-III eröffnet ebenfalls die Möglichkeit, in bestimmten Fällen durch Vereinbarung das auf die Scheidung anzuwendende Recht zu bestimmen. So kann es vorkommen, dass vor einem deutschen Familiengericht nach ausländischem Recht geschieden wird.
Das französische Scheidungsrecht
Das französische Recht kennt neben den vier Scheidungsarten auch die Möglichkeit der notariellen Scheidung.
Die Einvernehmliche Scheidung
Wie in Deutschland, haben die Ehegatten die Möglichkeit, sich einvernehmlich vor Gericht scheiden zu lassen (divorce par consentement mutuel), Art. 230-232 Code Civil. Dafür müssen sich die Ehegatten über die Ehescheidung und die Scheidungsfolgen einigen und dem Richter eine Scheidungsfolgenvereinbarung vorlegen. Soweit die Interessen jedes Ehegatten und der Kinder genügend berücksichtigt wurde, spricht das Gericht die Scheidung nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung aus. Eine bestimmte Trennungszeit, bevor der Antrag auf Ehescheidung eingereicht werden kann, ist im französischen Recht nicht vorgesehen.
Die Scheidung durch Annahme der Zerrüttung der Ehe
Wenn die Ehegatten zwar grundsätzlich geschieden werden wollen, sich jedoch nicht einig über die Scheidungsfolgen sind, so können sie im ersten Termin zur mündlichen Verhandlung erklären, dass sie die Scheidung der Ehe wegen Zerrüttung der Ehe akzeptieren (Art. 251 Code Civil). Die Annahmeerklärung ist unwiderruflich.
Bei dieser Form der streitigen Form der Ehescheidung überprüft der zuständige Familienrichter den Antrag mit jedem Ehegatten zunächst getrennt und danach mit beiden Ehegatten zusammen. Erst danach nehmen die beteiligten Rechtsanwälte am Gespräch teil (Art. 250 Abs. 2 Code Civil). Beide Parteien müssen im Scheidungsverfahren anwaltlich vertreten werden.
Die Scheidung aus Verschulden
Auf Antrag eines Ehegatten kann die Scheidung wegen Vorliegens einer schweren Verfehlung oder wiederholter Pflichtverletzung des anderen Ehegatten beantragt werden (Divorce pour faute, Art. 242-246 Code Civil).
Die Verfehlungen des Antragstellers können auch zur Scheidung führen. Bei Scheidungs- und Widerklage aus Verschulden wird die Ehe aus Verschulden zu gleichen Teilen geschieden, wenn sich im Laufe der Verhandlung herausstellt, dass beide Eheleuten gleichermaßen Schuld tragen.
Auf Antrag beider Eheleute kann der Richter sich in der Urteilsbegründung darauf beschränken, einen Scheidungsgrund aufzuführen, ohne dabei auf das jeweilige Verschulden der Eheleute einzugehen (Art. 245-1).
Stellt ein Ehegatte einen Scheidungsantrag wegen endgültiger Zerrüttung des Ehebandes und der andere Ehegatte stellt einen Scheidungsantrag wegen Verschuldens, so muss der Familienrichter zunächst über den Scheidungsantrag wegen Verschulden entscheiden; nur wenn dieser abzuweisen ist, muss er über den anderen Antrag entscheiden (Art. 246 Code Civil).
Die Verschuldensscheidung führ nicht mehr zu erheblichen finanziellen Vorteilen des Ehegatten, der sie beantragt bezüglich der zu entscheidenden Scheidungsfolgen. Das Verfahren wird in der Regel nur noch in den schwerwiegendsten Fällen angewandt. Der schwächere Ehegatte kann Schadensersatz beantragen, wenn die Scheidung aufgrund ausschließlichen Verschuldens des anderen Ehegatten erfolgt und er durch die Scheidung besonders gravierende Nachteile erleidet. Die Höhe der Entschädigung fällt unabhängig von den Eheverfehlungen aus (Art. 266 Code Civil).
Bei Gewalt in der Ehe ist dem Opfer die Möglichkeit gegebene, den Scheidungsrichter, ohne bereits laufendes Eheverfahren anzurufen, damit dieser das Getrenntleben der Ehegatten regelt und dem Opfer eventuell das Recht auf alleinigen Aufenthalt in der gemeinsamen Ehewohnung zuspricht (Art. 220-1 Abs. 3 Code Civil). Die Maßnahme wird jedoch hinfällig, wenn nach Ablauf von 4 Monaten kein Scheidungsantrag gestellt wurde.
Die Scheidung wegen endgültiger Zerrüttung des Ehebandes
Wenn die eheliche Lebensgemeinschaft zum Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrages seit mindestens zwei Jahren beendet ist und eine Trennungsabsicht mindestens eines Ehegatten besteht, so kann die Scheidung wegen endgültiger Zerrüttung (altération définitive du lien conjugal), Art. 237-238 Code Civil ausgesprochen werden. Der Ehegatte, der die Ehescheidung nicht beantragt hat, kann Ersatz des Schadens beantragen, den er durch die Eheauflösung erlitten hat, wenn er seinerseits an der Ehe festhalten wollte (Art. 266 Code Civil).
Wenn die Scheidung wegen Verschuldens abgewiesen wurde, kann die Scheidung aufgrund endgültiger Zerrüttung beantragt werden. In diesem Fall entfällt die zweijährige Trennungsfrist (Art. 238 Abs. 2 Code Civil).
Die Möglichkeit der notariellen Scheidung in Frankreich
Nach der Gesetzesreform Nr. 2016-1547 vom 18.11.2016 ist es seit dem 01.01.2017 in Frankreich möglich, sich vor einem Notar scheiden zu lassen. Dadurch sollen die Verfahren insgesamt einfacher, friedlicher und effizienter werden. Die Ehe wird nicht mehr als Institut, sondern als vertragliche Gemeinschaft gesehen, die durch das Einvernehmen der Parteien aufgelöst werden kann, ohne dass hierfür die Beteiligung des Gerichtes notwendig ist.
Im Ergebnis ist die außergerichtliche Scheidung nicht so kostspielig wie die gerichtliche Scheidung. Gleichwohl bleibt der Anspruch auf Beratungshilfe (aide juridique) bei notariellen Scheidungen bestehen.
Artikel 229 Code Civil wurde dahingehend erweitert, dass die Ehegatten nun eine Scheidung durch eine von Rechtsanwälten gegengezeichnete Privaturkunde (acte sous signature privée contresigné par des avocats), die beim Notar registriert wird, vornehmen können.
Eine notarielle Scheidung ist nach Art. 229-2 Abs. 1 Code Civil nicht möglich, wenn ein minderjähriges Kind, das von seinen Eltern über sein Recht auf Anhörung informiert wurde, seine Anhörung durch den Familienrichter beantragt.
Wenn einer der Ehegatten sich unter einem Schutzregime befindet, so ist eine Scheidung durch Privaturkunde ebenfalls nicht möglich (Artikel 229-2 Abs. 2 Code Civil).
Die Scheidung durch Privaturkunde erfordert, dass beide Parteien jeweils eigenständig anwaltlich vertreten sind (Art. 229-1, Art. 1374 Code Civil). Die Ehegatten verfassen durch ihre Anwälte ein Privaturkunde, die von einem Notar registriert wird. Dieser überprüft, ob die gesetzliche Formerfordernisse eingehalten worden sind (Art. 229-3 Code Civil).
Jeder Anwalt übermittelt seiner Partei den Entwurf der Vereinbarung per Einschreiben. Erst nach eine Überlegungsfrist von 14 Tagen ab dem Erhalt des Einschreibens, darf die Vereinbarung unterschrieben werden (Art. 229-4 Code Civil).
Die Vereinbarung ist ab dem Tag vollstreckbar, an dem sie vom Notar registriert wird (Art. 229-1 Abs. 2 Code Civil). Rechtsmittel sind nicht möglich, da es sich um ein außergerichtliches Verfahren handelt.
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