Französische Erbschafts- und Schenkungssteuer im Deutsch-Französischen Kontext

Deutschland und Frankreich haben jeweils eigene Gesetze über die Erhebung der Erbschafts- und Schenkungssteuer, die nicht miteinander abgestimmt sind. So kommt es häufig vor, dass beide Länder dieselben Vermögenswerte besteuern wollen. Um Doppelbesteuerungen in grenzüberschreitenden Fällen zu verhindern und klare Regeln zu schaffen, unterzeichneten beide Länder am 12.10.2006 ein Doppelbesteuerungsabkommen.

Wichtige Unterschiede

Ein großer Unterschied liegt in der Besteuerung der Erbschaften von Eheleuten und Partnern eingetragener Lebensgemeinschaften (PACS). In Frankreich sind Eheleute vollständig von der Erbschaftssteuer befreit. Dies gilt nicht für Schenkungen zu Lebzeiten. In Deutschland müssen Eheleute hingegen das geerbte Vermögen versteuern, das 500.000 Euro übersteigt.

Ein weiterer Unterschied besteht bei der Besteuerung von Stiefkindern und adoptierten Kindern. In Deutschland fallen beide Personengruppen nach § 15 ErbStG in die Steuerklasse I und profieren von günstigen Steuersätzen, sowie von höchsten Freibeträgen. In Frankreich werden Stiefkinder als Dritte behandelt und unterliegen damit einem Steuersatz von 60 %. Adoptierte Kinder im Rahmen einer sogenannten vollumfänglichen Adoption (adoption plenière) sind den leiblichen Kindern gleichgestellt. Einfach adoptierte Kinder (adoption simple) werden den leiblichen Kindern nur gleichgestellt, sofern sie zum Todeszeitpunkt minderjährig sind. Im Falle der Volljährigkeit bei Erbanfall müssen sie beweisen, dass der Adoptierende während ihrer Minderjährigkeit für einen ununterbrochenen Zeitraum von fünf Jahren bzw. während ihrer Minder- und Volljährigkeit für einen ununterbrochenen Zeitraum von zehn Jahren für ihre Unterstützung und Fürsorge aufgekommen ist. Andernfalls zahlen sie den für Dritte geltenden Steuersatz von 60%.

Die Bewertung des Grundvermögens

Der Wert des Grundvermögens wird in Frankreich nach dem gemeinen Veräußerungswert (valeur vénale réelle) zum Zeitpunkt der Vermögensübertragung ermittelt. Üblicherweise wird der Veräußerungswert anhand des objektiven Werts auf dem Referenzmarkt unter normalen Verhältnissen auf Basis von Angebot und Nachfrage ermittelt. Bei unbebauten Grundstücken werden die den Immobilienmaklern bzw. Notaren bekannten lokalen Grundstückspreise herangezogen.

Der Steuerpflichtige muss der zuständigen Finanzbehörde eine detaillierte Schätzungserklärung (déclaration détaillée) abgeben, die die Finanzbehörden prüfen und gegebenenfalls korrigieren. Die Schätzungserklärung sollte möglichst realistische Werte darstellen und die Berechnung dokumentieren. Unrealistische Schätzungserklärungen können zu erheblichen, finanziellen Sanktionen führen.

In Deutschland hingegen gibt es verschiedene Arten der Wertermittlung für Immobilien. Das Vergleichswertverfahren gem. § 183 BewG wird für Eigentumswohnungen, Teileigentum, Ein- und Zweifamilienhäuser angewandt. Bei Mietwohngrundstücken, Geschäftsgrundstücken und gemischt genutzten Grundstücken wird das Ertragswertverfahren gem. § 184 BewG verwendet, indem der Gebäudeertragswert und der Bodenrichtwert addiert werden. Erst wenn diese Bewertungsverfahren nicht praktikabel sind, kommt nachrangig das Sachwertverfahren gem. § 189 BewG in Betracht, das den Sachwert des Grundstücks anhand des Bodenwerts und des Gebäudesachwerts ermittelt. 

Die Steuerlast kann in Frankreich verringert werden

Die Verringerung des Wertansatzes der Immobilie erfolgt um 20 %, wenn der Erblasser im Todeszeitpunkt seinen Hauptwohnsitz in dieser Immobilie hatte und diese Immobilie zeitgleich auch Hauptwohnsitz des Ehegatten oder der zum Haushalt gehörenden Kinder ist.

Ein Nießbrauchvorbehalt verringert ebenfalls die Steuerlast. Wenn eine Immobilie unter Vorbehalt des Nießbrauchrechts (sog. usufruit) übertragen wird, kann dies je nach Alter des Erblassers (Art. 669 CGI) zu nicht unerheblichen Steuerersparnissen führen. Dies führt dazu, dass viele Eltern ihre Immobilien bzw. Teile ihrer Immobilien an ihre Kinder überschreiben und sich dabei den Nießbrauch vorbehalten (sog. donation-partage).

Das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und Frankreich (DBA)

Grundsatz

Nach Art. 9 DBA hat derjenige Staat, in dem der Erblasser seinen Wohnsitz hatte, im Grundsatz das ausschließliche Besteuerungsrecht.

Der Steuerliche Wohnsitz ist in Art. 4 I 1 definiert. Hiernach hat eine Person einen steuerlichen Wohnsitz in einem Staat, wenn deren Nachlass oder Schenkung dort aufgrund ihres Wohnsitzes, ihres ständigen Aufenthalts, des Ortes ihrer Geschäftsleitung oder eines anderen ähnlichen Merkmals steuerpflichtig ist. Ein steuerlicher Wohnsitz besteht hingegen nicht, wenn der Nachlass oder die Schenkung in diesem Staat nur mit in diesem Staat gelegenem Vermögen steuerpflichtig ist (Art. 4 I S. 2 DBA). Die Erbschaft lediglich einer Ferienwohnung in der Provence begründet somit noch keinen steuerlichen Wohnsitz in Frankreich. 

Hat der Erblasser nach dieser Definition einen Wohnsitz in beiden Ländern, so stellt Art. 4 II DBA Regeln zur Ermittlung des tatsächlichen Wohnsitzes fest.

Ausnahmen

In den Art. 5 ff. DBA werden Ausnahmen gelistet. In diesen Fällen darf der Staat, auf dessen Gebiet die Nachlassgegenstände belegen sind (sog. Belegenheitsstaat), Steuern erheben. Das ist der Fall für

  • Unbewegliches Vermögen (Art. 5)
  • Bewegliches Vermögen einer Betriebsstätte oder einer festen Einrichtung (Art. 6)
  • Schiffe und Luftfahrzeuge (Art. 7)
  • Bewegliches materielles Vermögen, das nicht unter die Art. 6 und 7 fällt (Art. 8)

Eine weitere Ausnahme zur ausschließlichen Besteuerung am Wohnsitz des Erblassers kann durch den Wohnsitz des Erben bzw. des Beschenkten begründet werden, wenn der Erblasser seinen Wohnsitz in Deutschland oder Frankreich und der Erbe/Beschenkte seinen Wohnsitz in dem jeweils anderen Land hatte.

Nach Art. 5 I DBA kann unbewegliches Vermögen unabhängig vom Wohnsitz des Erblassers vom Belegenheitsstaat besteuert werden. Gemäß Art. 5 III DBA umfasst der Ausdruck „unbewegliches Vermögen“ ebenfalls Aktien, Anteile oder sonstige Rechte an einer Gesellschaft oder juristischen Person, deren Vermögen zu mehr als der Hälfte aus in einem Vertragsstaat gelegenen Immobilien oder aus Rechten an diesen Immobilien besteht.

Bewegliche materielle Gegenstände im Sinne des Art. 8 DBA sind typischerweise bewegliche materielle Gegenstände im Privatvermögen, also Hausrat, Schmuck, Kunstgegenstände aber auch private Kfz oder Yachten. Problematisch ist häufig die Frage, ob sich solche Gegenstände nur vorübergehend oder dauerhaft im Belegenheitsstaat befinden. Nicht im Sinne des Art. 8 DBA sind Bargeld, Forderungen jeder Art, Aktien und Gesellschaftsanteile sowie bewegliches materielles Vermögen, das Teil eines Nachlasses ist und sich im Zeitpunkt des Todes des Erblassers mit Wohnsitz in dem anderen Vertragsstaat nur vorübergehend (z.B. aufgrund einer Reise) und nicht zum dauerhaften Verbleibt im Belegenheitsstaat befunden hat (Art. 4 des Protokolls zum DBA). Diese Vermögensbestandteile sind ausschließlich im Wohnsitzstaat zu besteuern.

Der Abzug und die Anrechnung 

Schulden bzw. Verbindlichkeiten, die wirtschaftlich mit einem der in Art. 5 bis 9 DBA genannten Vermögenswerten zusammenhängen, werden im Staat des vorrangigen Besteuerungsrecht von diesem Vermögenswert abgezogen (Art. 10 DBA). Falls die Schulden höher sind, als der betroffene Vermögenswert, so kann der übersteigende Betrag vom Wert des übrigen Vermögens, das dieser Staat besteuern darf, abgezogen werden (Art. 10 VI DBA). Wenn nach diesen Abzügen immer noch Schulden verbleiben, dann können diese nach Art. 10 VII DBA von dem Vermögen abgezogen werden, das in dem anderen Staat besteuert wird.

Häufig lässt sich eine Doppelbesteuerung nicht vermeiden. So kommt es häufig vor, dass sowohl der Wohnsitzstaat als auch der Belegenheitsstaat das gleiche Vermögen besteuert. Damit sich diese Doppelbesteuerung nicht negativ auswirkt, sieht Art. 11 DBA umfassende Möglichkeiten der Anrechnung einer gezahlten Erbschafts- oder Schenkungssteuer gegenüber dem Wohnsitzstaat vor. Konkret wird auf die im Wohnsitzstaat zu erhebende Steuer der Betrag angerechnet, welcher der Steuer entspricht, die im jeweils anderen Staat für das Vermögen gezahlt wird, das aus demselben Anlass besteuert werden kann.

Die anrechenbare Steuer ist der Höhe nach auf die für den einzelnen Vermögensteil im Wohnsitzstaat anfallende Steuer begrenzt (Anrechnungshöchstbetrag).

Die erheblich höheren Steuersätze in Frankreich führen nicht selten zu einer Vermeidung der Doppelbesteuerung in Fällen, in denen der Erblasser/Schenker mit Wohnsitz in Frankreich, da die in Deutschland gezahlte Steuer häufig nahezu vollständig in Frankreich angerechnet wird. 

Im umgekehrten Fall, in dem der Erblasser/Schenker seinen Wohnsitz in Deutschland hat(te) und die in Frankreich belegenen Vermögenswerte ebenfalls in Frankreich besteuert werden, kommt es oftmals zu einer Mehrbelastung. In diesem Fall können die in Frankreich erhobenen Steuern aufgrund der Höchstbetragsregelungen nur teilweise auf die deutsche Steuer angerechnet werden, wodurch eine definitiv höhere Steuerlast verbleibt.

Im Ergebnis wird die tatsächliche Doppelbesteuerung von denselben Vermögenswerten zwar vermieden, aber es setzt sich der höhere französische Steuersatz durch.

Insgesamt lässt sich feststellen, dass Erblasser mit deutschem Wohnsitz und französischen Vermögenswerten an nennenswerten steuerlichen Mehrbelastungen leiden.

Ihre Familie lebt im deutsch-französischen Raum? Gerne machen wir Sie im Rahmen einer Beratung zu Ihrem Nachlass auf die Besonderheiten des französischen Erbrechts aufmerksam. Unser international spezialisiertes Team steht ihn gerne bei!

Rechtsanwältin

Katharina Kutter

Als Rechtsanwältin für Familien- und Erbrecht und habe mich auf die Beratung von Unternehmen und vermögenden Privatpersonen in den Bereichen Vermögensnachfolge, Vermögensauseinandersetzung, Steuerrecht und familienrechtliche Vorsorgeplanung spezialisiert – mit einem besonderen Fokus auf grenzüberschreitende Sachverhalte. 

Diesen Artikel teilen

Rechtsberatung benötigt?

Vereinbaren Sie ein erstes Gespräch!

Wir sind gerne für Sie da und beraten Sie online oder persönlich in unseren Kanzleien in Konstanz und Zürich.
Ebenfalls wissenswert

Weitere Rechtstipps

Termin vereinbaren

Buchungstool lädt nicht? Klicken Sie hier.