Es ist wichtig, sich frühzeitig zu überlegen, was mit dem eigenen Nachlass passieren soll. Zwischen Eltern und Kindern kommt es häufig zur Übertragung von Immobilien, sodass die alle zehn Jahre zustehenden Freibeträge ausgenutzt werden.
Zur Absicherung der Eltern sind dabei die Nießbrauch- und Wohnrechte von besonderem Interesse.
Doch was bedeutet eigentlich „Nießbrauch“ oder „Wohnrecht“? Und was unterscheidet beide? Wie sieht es mit der Erbschaftssteuer aus?
Vorab: Der wichtige Unterschied zwischen Wohnrecht und Nießbrauchrecht
Während das Wohnrecht allein die persönliche Nutzung gestattet, ermöglicht das Nießbrauchrecht das umfassende Nutzen bzw. das Bewirtschaften der Immobilie.
Das Wohn- und Wohnungsrecht
Das Wohnungsrecht ist in § 1093 BGB geregelt und ermöglicht dem Begünstigtem die alleinige Nutzung der Wohnung. Der Eigentümer ist nicht zur Nutzung berechtigt.
Beispiel: Sie übertragen ihr Haus, in dem Sie leben, an ihr Kind und lassen sich im Grundbuch ein Wohnungsrecht eintragen. Das Haus gehört dann ihrem Kind, doch Sie haben dann das Recht, in dem Haus zu leben.
Das Wohnrecht hingegen ermöglicht dem Berechtigtem die Mitbenutzung einer Wohnung. Eigentümer und Berechtigter nutzen die Immobilie somit gemeinsam.
Das Wohnrecht kann auch nur auf einen Teil einer Sache oder Immobilie beschränkt werden (wie z.B. ein Zimmer). Gemäß § 1093 Absatz 3 BGB darf der Berechtigte dann die zum gemeinschaftlichen Gebrauch bestimmten Einrichtungen wie etwa Küche, Bad oder Garage mitbenutzen, selbst wenn diese die zugesprochenen Flächen nicht mit einschließt.
Für den Grundstückseigentümer ergibt sich die Pflicht, die Ausübung des Wohnungsrechts zu dulden. Der Eigentümer trägt dabei sämtliche auf dem Grundstück ruhende private und öffentliche Lasten, während der Berechtigte für die Erhaltung der Sache zu sorgen hat. Abweichende Vereinbarungen zur Kostenverteilung sind im engen Rahmen möglich.
Die Betriebskosten (Nebenkosten für Wasser, Heizung, Strom, …) hat der Berechtigte zu tragen.
Das Wohnungsrecht ist ein persönliches Recht und ist somit nicht übertragbar. Es erlischt mit dem Tod des Berechtigten. Die Ausübung des Wohnrechts kann allerdings Dritten gestattet werden, soweit dies zwischen den Parteien vereinbart wird oder wenn der Berechtigte seine Familie sowie die zur standesgemäßen Bedienung und Pflege erforderlichen Personen aufnimmt (§ 1093 Abs. 2 BGB).
Im Falle mehrerer Berechtigten stehen nach dem Tod des Einen die Rechte des Anderen noch zu.
Das Wohnungsrecht kann bedingt oder befristet bestellt werden, also. z.B. bis zu einem bestimmten Lebensalter
Der Nießbrauch
Das Wort „Nießbrauch“ stammt aus dem lateinischen usus fructus. Der Nießbrauch berechtigt, aus dem zugesprochenen Besitz Früchte zu ziehen. Der Nießbrauchberechtigte darf dabei selbst entscheiden, ob er die Wohnung z.B. selbst nutzen will oder ob er diese an Dritte vermieten möchte, um daraus Mieteinnahmen zu generieren. Der Nießbrauch kann deshalb nicht auf einzelne Räume oder Gebäudeteile beschränkt werden.
Das Nießbrauchrecht ist dabei nicht nur auf Immobilien beschränkt, sondern kann auch sowohl an Firmen, Gärten, Fahrzeuge und sonstige Gegenstände als auch an Rechten bestellt werden (Dauernutzungsrechte, Erbbaurechte, Grundpfandrechte…).
Während der Nießbrauch zur umfassenden Nutzung berechtigt, darf der Berechtigte die Sache nicht umgestalten bzw. wesentlich verändern. Ausbesserungen und Erneuerungen hat er nur insoweit vorzunehmen, als sie zu der gewöhnlichen Unterhaltung der Sache gehören (z.B. Schönheitsreparaturen, Gartenpflege…).
Laut § 1047 BGB trägt der Nießbraucher für die Dauer des Nießbrauchs die auf der Sache ruhenden öffentlichen Lasten sowie diejenigen privatrechtlichen Lasten, die schon zur Zeit der Bestellung des Nießbrauchs auf der Sache ruhten.
Außerordentliche Kosten und Lasten, wie z.B. Erneuerung der Heizung oder des Daches trägt der Eigentümer.
Auch der Nießbrauch ist nicht übertragbar und endet mit dem Tod (§ 1061 BGB), kann aber auch zeitlich begrenzt werden.
Steuer- und erbrechtliche Bestimmungen
Erbschafts- oder Schenkungssteuer fallen in beiden Fällen an, sofern der Kapitalwert den gewöhnten Freibetrag des Berechtigten überschreitet.
Egal, ob der Nießbrauch tatsächlich wahrgenommen wird oder nicht, ihm kann in jedem Fall ein gewisser Wert zugeordnet werden.
Wenn die Wohnung selbst bewohnt werden soll, so entspricht der Kapitalwert dann dem Jahreswert der eingesparten Mietausgaben multipliziert mit dem nach dem Bewertungsgesetz anzusetzenden Faktor für die entsprechende Lebenserwartung des Berechtigten.
Wurde das Nießbrauch- oder Wohnrecht zeitlich begrenzt, so ist für die Berechnung die vom Schenker bzw. Erblasser bestimmte Dauer anzusetzen.
Innerhalb von zehn Jahren ist die Schenkung zur Berechnung des Pflichtteilsanspruchs heranzuziehen (§ 2325 BGB). Gegebenenfalls wird sie auch für die Ausgleichung gem. §§ 2050 ff. BGB relevant. Bei der Berechnung eines Pflichtteilsergänzungsanspruchs wird sodann der Kapitalwert des Nießbrauchrecht abgezogen.
Bevor Sie den Nießbrauch im Rahmen einer Schenkung, Erbschaft oder eines Verkaufs bestimmten wollen, ist der Rat eines Anwalts unerlässlich.
Es gibt sowohl beim Wohnungsrecht als auch beim Nießbrauch viele Möglichkeiten von der gesetzlichen Regelung abzuweichen. Gerne helfen wir Ihnen, die passend Lösung zu ihren persönlichen Umständen zu finden und klären Sie bezüglich anfallender Erbschafts- bzw. Schenkungssteuer sowie Pflichtteilsansprüche auf.
Gerne beraten wie Sie ebenfalls zur Nutzniessung (Art. 745 ff. ZGB) in der Schweiz!