Die beschränkte Erbschaftssteuerpflicht in Deutschland bei Wohnsitz im Ausland nach § 16 Abs. 2 ErbStG

Wann greift die deutsche Erbschaftssteuerpflicht? Was ist die beschränkte Erbschaftssteuerpflicht? Gelten die gleichen Steuerfreibeträge? Und was können Steuerausländer machen, um Steuern zu sparen?

Wann greift die deutsche Erbschaftssteuerpflicht?

Das deutsche Erbschaftssteuerrecht unterscheidet zwischen Personen, die ihren Wohnsitz in Deutschland haben und Personen, dieihren Wohnsitz im Ausland haben.

Die sogenannten Steuerinländer unterliegen einer unbeschränkten Erbschaftssteuerpflicht. Dabei reicht es aus, dass entweder der Erblasser oder der Erbe zum Zeitpunkt des Erbfalls ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hatten.

Steuerausländer unterliegen nach § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG einer beschränkten Erbschaftssteuerpflicht. Das deutsche Finanzamt interessiert sich dabei für das Inlandsvermögen im Sinne des § 121 des Bewertungsgesetzes. Grundsätzlich wird nicht die komplette Erbschaft in diesem Fall besteuert, sondern nur bestimmte Vermögenswerte, die einen Bezug zu Deutschland haben.

Gemäß § 121 BewG gehören zum Inlandsvermögen (abschließend):

1.         das inländische land- und forstwirtschaftliche Vermögen;

2.         das inländische Grundvermögen;

3.         das inländische Betriebsvermögen. Als solches gilt das Vermögen, das einem im Inland betriebenen Gewerbe dient, wenn hierfür im Inland eine Betriebsstätte unterhalten wird oder ein ständiger Vertreter bestellt ist;

4.         Anteile an einer Kapitalgesellschaft, wenn die Gesellschaft Sitz oder Geschäftsleitung im Inland hat und der Gesellschafter entweder allein oder zusammen mit anderen ihm nahestehenden Personen im Sinne des § 1 Abs. 2 des Außensteuergesetzes in der jeweils geltenden Fassung, am Grund- oder Stammkapital der Gesellschaft mindestens zu einem Zehntel unmittelbar oder mittelbar beteiligt ist;

5.         nicht unter Nummer 3 fallende Erfindungen, Gebrauchsmuster und Topographien, die in ein inländisches Buch oder Register eingetragen sind;

6.         Wirtschaftsgüter, die nicht unter die Nummern 1, 2 und 5 fallen und einem inländischen Gewerbebetrieb überlassen, insbesondere an diesen vermietet oder verpachtet sind;

7.         Hypotheken, Grundschulden, Rentenschulden und andere Forderungen oder Rechte, wenn sie durch inländischen Grundbesitz, durch inländische grundstücksgleiche Rechte oder durch Schiffe, die in ein inländisches Schiffsregister eingetragen sind, unmittelbar oder mittelbar gesichert sind. Ausgenommen sind Anleihen und Forderungen, über die Teilschuldverschreibungen ausgegeben sind;

8.         Forderungen aus der Beteiligung an einem Handelsgewerbe als stiller Gesellschafter und aus partiarischen Darlehen, wenn der Schuldner Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt, Sitz oder Geschäftsleitung im Inland hat;

9.         Nutzungsrechte an einem der in den Nummern 1 bis 8 genannten Vermögensgegenstände.

Nicht von § 121 BewG erfasst sind somit 

  • Private bewegliche Gegenstände wie der Hausrat, Bargeld, Kunstgegenstände, Schmuck, Pkw oder Schiffe
  • Das private Guthaben bei inländischen Geldinstituten
  • Wertpapiere bei einer inländischen Bank
  • Anteile eines Privaten an einer inländischen Kapitalgesellschaft unter 10 %
  • Beteiligungsrechte an einem offenen Immobilienfonds
  • Private Darlehensforderungen, auch wenn sie durch ein inländisches Grundstück gesichert sind
  • Ein schuldrechtlicher Anspruch auf Übereignung eines inländischen Grundstücks

Welche Steuerfreibeträge gelten?

Für beschränkt Erbschaftssteuerpflichtige gelten dieselben Steuerfreibeträge wie für unbeschränkt Steuerpflichtige nach § 16 Abs. 1 ErbStG. Gemäß § 16 Abs. 2 ErbStG werden die Freibeträge jedoch um einen Teilbetrag gemindert. Der Teilbetrag entspricht dem Verhältnis der Summe der Werte des in demselben Zeitpunkt erworbenen, nicht der beschränkten Steuerpflicht unterliegenden Vermögens und derjenigen, nicht in beschränkte Steuerpflicht unterliegenden Vermögensvorteile, die innerhalb von zehn Jahren von derselben Person angefallen sind, zum Wert des Vermögens, das insgesamt innerhalb von zehn Jahren von derselben Person angefallen ist. Die früheren Erwerbe sind dabei mit ihrem früheren Wert anzusetzen.

Der Versorgungsfreibetrag wird gemäß § 17 Abs. 3 ErbStG in Fällen der beschränkten Steuerpflicht voll gewährt, wenn durch die Staaten, in denen der Erblasser ansässig war oder der Erwerber ansässig ist, Amtshilfe geleistet wird.

Die Pauschale für Nachlassverbindlichkeiten in Höhe von 10.300 Euro gem. § 10 Abs. 5 ErbStG wird auch bei beschränkter Steuerpflicht des Erwerbers gewährt. Schulden und Lasten sind nur abzugsfähig, wenn sie mit dem inländischen Vermögen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, § 10 Abs. 6 S. 2 ErbStG.

Welche Gestaltungsmöglichkeit gibt es für Steuerausländer?

Der Bundesfinanzhof hat in seinem Urteil v. 23.11.2022 – II R 37/19 festgestellt, dass ein Vermächtnisanspruch auf Übertragung eines inländischen Grundstück nicht zum Inlandsvermögen im Sinne des § 121 Nr. 2 BewG zählt und somit nicht der beschränkten Steuerpflicht unterliegt.

Ein Vermächtnis, welches auf die Übertragung eines im Inland gelegenen Grundstücks gerichtet ist, steht demnach nicht einem inländischen Grundstück gleich, da § 121 Nr. 2 BewG inländische Grundstücke nennt, aber keine Ansprüche, welche auf die Übertragung inländischer Grundstücke gerichtet sind.

Das Vermächtnis ist ein schuldrechtlicher Anspruch des Vermächtnisnehmers gegen den oder die Erben, der zwar dinglich erfüllt werden muss. Gegenstand des erbschaftssteuerlichen Erwerbs ist jedoch ausschließlich der schuldrechtliche Anspruch.

Somit eröffnet er Testatoren, die keine Inländer sind und Eigentümer von Grundvermögen in Deutschland sind, die Möglichkeit, dieses durch Testament frei von deutscher Erbschaftssteuer auf Begünstigte, die ebenfalls keine Inländer sind, im Wege des Vermächtnisses zu übertragen. In der Schweiz wohnende Personen, die Eigentümer eines Grundstückes in Deutschland sind, können somit im Wege des Vermächtnisses dieses Grundstück an ebenfalls in der Schweiz wohnhafte Personen vermachen, ohne dass dabei deutsche Erbschaftssteuer anfällt.

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Rechtsanwältin

Katharina Kutter

Als Rechtsanwältin für Familien- und Erbrecht und habe mich auf die Beratung von Unternehmen und vermögenden Privatpersonen in den Bereichen Vermögensnachfolge, Vermögensauseinandersetzung, Steuerrecht und familienrechtliche Vorsorgeplanung spezialisiert – mit einem besonderen Fokus auf grenzüberschreitende Sachverhalte. 

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