Wenn eine Ehe zerbricht oder der Partner verstirbt, gehen wir oft neue Liebesbeziehungen ein. Die daraus neu entstehenden Familienkonstellationen nennen wir Patchwork-Familien. Bringt in einer Patchwork-Familie einer der Partner leibliche Kinder mit in die Ehe, werden diese zu Stiefkindern.
Im Idealfall spielt die leibliche Verwandtschaft im Alltag keine Rolle. Im Erbfall ergeben sich jedoch einige Unterschiede.
Keine Gleichstellung der Stiefkinder
Nach dem Tod des Stiefelternteils kann es passieren, dass die Stiefkinder nichts von dem Erbe erhalten. Die leiblichen Kinder können mindestens den Pflichtteil des Nachlasses beanspruchen. Stiefkinder haben jedoch kein Pflichtteils- oder Pflichtteilsergänzungsanspruch, da sie juristisch betrachtet nicht mit dem Stiefvater oder der Stiefmutter verwandt sind, sondern verschwägert.
Sie sind nur gesetzliche Erben ihres leiblichen Elternteils und nicht des Stiefelternteils.
Wenn Sie ihr Stiefkind an ihrem Nachlass beteiligen wollen, so müssen Sie selbst entsprechende Maßnahmen ergreifen.
Stiefkinder am Nachlass beteiligen
1. Adoption
Die erste Möglichkeit ist, das Stiefkind zu adoptieren. Durch die Adoption wird das Kind juristisch so behandelt wie ein leibliches Kind und wird demnach zum gesetzlichen Erben des Stiefelternteils. Voraussetzung ist, dass zwischen dem Elternteil und dem Stiefkind ein Eltern-Kind-Verhältnis besteht.
Die Adoption kann aber auch kostspielig sein und funktioniert nicht immer problemlos. Relevant kann sie auch dann werden, wenn es gleichzeitig darum geht, leibliche Kinder jedenfalls teilweise zu enterben. Die Adoption führt zur Erhöhung der Zahl der gesetzlichen Erben und damit rechnerisch zu niedrigeren Pflichtteilsquoten.
Meist stellt die Verfügung von Todes wegen eine einfachere und preiswertere Lösung dar.
2. Verfügung von Todes wegen
Mit Testamenten und Erbverträgen lässt sich die gesetzliche Erbfolge teils umgehen. Parallel zum Aufsetzen eines Ehegattentestamentes oder Erbvertrages ist es oft sinnvoll, einen Pflichtteilsverzicht zu vereinbaren und den leiblichen Kindern einen kleinen Teil des Erbes als „Gegenleistung“ zukommen zu lassen.
Stiefkinder im Erbschaftssteuerrecht
Das Erbschaftssteuerrecht sieht von der Ungleichbehandlung zwischen leiblichen und Stiefkindern ab. Erbt ein Stiefkind von seinem Stiefvater oder von seiner Stiefmutter als testamentarischer Erbe, so ist es nach dem Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz (ErbStG) dem leiblichen Kind gleichgestellt. Gemäß § 15 Abs. 1 ErbStG gehören Stiefkinder zu den steuerlich begünstigten Personen in Steuerklasse I. Bei der Erbschaftssteuer haben Stiefkinder somit einen Steuerfreibetrag von 400.000€ (und nicht 20.000€ für nicht-Verwandte).
Fazit
Stiefkinder sind den leiblichen Kindern erbrechtlich nicht gleichgestellt, sondern nur erbsteuerrechtlich. In Patchwork-Familien sollten Sie deshalb frühzeitig entscheiden, wie der Erbfall gestalten werden soll.
Gerne beraten wir Sie im Erb- und Erbsteuerrecht passend zu ihrer Familienkonstellation.