Ausgleich der Rentenansprüche während der Ehescheidung

Geht das auch mit ausländischen Anrechten? Ausgleichsformen und Alternativen.

Der Versorgungsausgleich dient dem Ausgleich der während der Ehe erworbenen Versorgungsanrechte (Rentenanrechte). Insbesondere bei längerer Ehedauer stellen die rentenrechtlichen Ansprüche der Ehegatten gegenüber den Versorgungsträgern einen erheblichen Teil ihres Vermögens dar. Der Gesetzgeber bemisst dem Versorgungsausgleich im Rahmen der Scheidung eine so weitgehende Bedeutung zu, dass der Versorgungsausgleich im Gegensatz zur Regelung von Unterhaltssachen, Ehewohnungs- und Haushaltssachen sowie Güterrechtssachen immer von Amts wegen durchzuführen ist.

Das bedeutet, dass der Versorgungsausgleich im Rahmen eines Ehescheidungsverfahrens immer automatisch durch das Familiengericht mitentschieden wird, während ein Anspruch auf Kindes- und Ehegattenunterhalt oder auf Zugewinnausgleich nur auf gesonderten Antrag durch das Familiengericht geprüft wird.

Wesentlicher Grundsatz ist dabei die gleichmäßige Aufteilung der erworbenen Rentenansprüche nach dem sog. Halbteilungsgrundsatz (§ 1 VersAusglG). Ziel ist es, dass möglichst eine eigenständige Versorgung des Ausgleichsberechtigten geschaffen wird. Besonders wichtig ist dies dann, wenn ein Ehegatte während der Ehezeit nicht berufstätig war und deshalb keine oder fast keine eigenen Rentenanwartschaften erworben hat. Die im Rahmen des Versorgungsausgleichs erworbenen Ansprüche richten sich dann unmittelbar gegen den Versorgungsträger und sind unabhängig von dem Ausgleichspflichtigen.

Ausgeglichen werden nur die Rentenanwartschaften, die während der Ehe, also ab dem Datum der Eheschließung bis zur Einreichung der Scheidung erworben wurden.

Welche Ausgleichsformen gibt es genau?

Der Versorgungsausgleich findet in zwei Grundformen statt:

  1. Der Wertausgleich im Rahmen der Ehescheidung (sog. öffentlich-rechtlicher Versorgungsausgleich)
  2. Ausgleich von Anwartschaften nach der Ehescheidung (sog. schuldrechtlicher Versorgungsausgleich)


Dabei ist der Wertausgleich im Rahmen der Ehescheidung die Grundform des Versorgungsausgleichs. Haben beispielsweise beide Ehegatten lediglich Versorgungsanrechte bei der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung erworben, so werden diese jeweils geteilt und an den anderen Ehegatten übertragen. Auf einen schuldrechtlichen Versorgungsausgleich kann ein Ehegatte z.B. dann verwiesen sein, wenn der Ausgleichspflichtige ausländische Rentenanwartschaften oder Anrechte einer noch verfallbaren betrieblichen Altersvorsorge erworben hat.

Gibt es auch einen Versorgungsausgleich, wenn der Ehegatte ausländischer Staatsangehöriger ist?

Der Versorgungsausgleich setzt nicht voraus, dass beide Ehegatten Deutsche sind. Gem. Art. 17 Abs. 3 S. 1 EGBGB unterliegt der Versorgungsausgleich dem auf die Scheidung anzuwendende Recht. Kommt deutsches Recht zur Anwendung, so unterliegt auch der Versorgungsausgleich dem deutschen Recht, wenn einer der Ehegatten Deutscher ist.

Sind jedoch beide Ehegatten Ausländer, so kommt es zunächst darauf an, ob das Recht des Staates, dessen Staatsangehörige die beiden Ehegatten sind, den Versorgungsausgleich kennt (so z.B. im Falle der Schweiz). Ist dies der Fall, wird der Versorgungsausgleich nach den gesetzlichen Regeln durchgeführt. Ist dies nicht der Fall (wie bei den überwiegenden ausländischen Staaten) ist der Versorgungsausgleich grundsätzlich nicht durchzuführen. Die Durchführung des Versorgungsausgleiches kann dann jedoch beantragt werden, wenn einer der Ehegatten Anrechte bei einem deutschen Versorgungsträger erworben hat, soweit die Durchführung des Versorgungsausgleichs insbesondere im Hinblick auf die beidseitigen wirtschaftlichen Verhältnisse während der gesamten Ehezeit der Billigkeit nicht widerspricht.

Unterfallen ausländische Anwartschaften dem Versorgungsausgleich?

Ausländische Anwartschaften unterliegen im Grundsatz stets dem Versorgungsausgleich. Sie werden nur dann nicht berücksichtigt, wenn ein Ehegatte ausländische Anwartschaften erworben hat und diese im Inland nicht realisierbar sind und nicht zu erwarten ist, dass eine Realisierung durch eine Rückkehr in das Land des Anrechtes erfolgen wird.
Gem. § 19 Abs. 2 Nr. 4 VersAusglG fehlt es den ausländischen Anrechten jedoch an der Ausgleichsreife. Der ausgleichsberechtigte Ehegatte ist insoweit auf den schuldrechtlichen Ausgleich nach der Ehescheidung verwiesen. Das bedeutet, dass er sich nach der Scheidung selbst um die Realisierung seiner Ansprüche kümmern muss. Er kann dann bis zum Rentenalter abwarten, um seine Ansprüche geltend zu machen.

Die Gefahr, dass im schuldrechtlichen Versorgungsausgleich der ausgleichsberechtigte Ehegatte leer ausgeht, ist jedoch relativ groß. Das fängt bereits damit an, dass der Ausgleichsverpflichtete dann möglicherweise nicht mehr auffindbar ist. Entsprechende Verfahren ziehen sich oft sehr lange hin und auch ein dann erstrittener Titel muss im Ausland erst einmal durchgesetzt werden. Möglicherweise konnte sich der Ausgleichsverpflichtete seiner Rentenansprüche in der Zwischenzeit auszahlen lassen, hat das Geld ausgegeben und verfügt nun über kein vollstreckbares Einkommen oder Vermögen mehr.

Welche Alternativen gibt es?

1. Nichtausgleich „von Amts wegen“

Es gibt die Möglichkeit, dass bei ausländischen Anwartschaften eines Ehegatten, die Anwartschaften des anderen Ehegatten im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs während der Ehescheidung nicht ausgeglichen werden, soweit dies für den anderen Ehegatten unbillig wäre (§ 19 Abs. 3 VersAusglG). Liegt Unbilligkeit vor, wirkt die fehlende Ausgleichsreife eines ausländischen Anrechtes wie eine Ausgleichssperre.

2. Ausschluss des Versorgungsausgleiches

Ferner gibt es die Möglichkeit, Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich zwischen den Ehegatten zu treffen. Bestehen Anwartschaften in ungefähr gleicher Höhe, macht es unter Umständen Sinn, sich auf einen Ausschluss des Versorgungsausgleichs zu verständigen. Erforderlich ist jedoch, die genaue Höhe der Anwartschaften zu ermitteln, um ungerechte Ergebnisse zu vermeiden. Beide Ehegatten haben bezüglich der Existenz und Höhe der Rentenanwartschaften des jeweils anderen einen Auskunfts- und Beleganspruch.

3. Geltendmachung einer Abfindung

Unter Umständen kann der ausgleichsberechtigte Ehegatte auch eine Abfindung geltend machen. Die Zahlung eines Abfindungsbetrages muss dem Ausgleichspflichtigen jedoch zumutbar sein. Bei der Bewertung ausländischer Versorgungsanrechte ist dabei insbesondere auch der sog. Transferverlust zu berücksichtigen.

4. Teilung des Versorgungsanrechtes im Ausland

Unter Umständen kann die ausländische Anwartschaft auch direkt durch ein Verfahren in dem betreffenden Land, insbesondere in der Schweiz, geteilt werden. Verfahrensrechtlich wird dies in Deutschland dadurch realisiert, dass der Versorgungsausgleich vom Scheidungsverbund abgetrennt und entsprechend ausgesetzt wird, bis eine Teilung in der Schweiz realisiert werden konnte.

Fazit

Bei der Durchführung des Versorgungsausgleiches im Rahmen der Ehescheidung, wie auch insbesondere nach der Ehescheidung, gibt es zahlreiche Gestaltungsmöglichkeiten. Für den Einzelnen ist die Vielzahl an Gestaltungsmöglichkeiten und deren Vor- und Nachteile oft nicht überschaubar, so dass eine kompetente anwaltliche Beratung auf diesem Gebiet unerlässlich erscheint.

Rechtsanwältin

Katharina Kutter

Als Rechtsanwältin für Familien- und Erbrecht und habe mich auf die Beratung von Unternehmen und vermögenden Privatpersonen in den Bereichen Vermögensnachfolge, Vermögensauseinandersetzung, Steuerrecht und familienrechtliche Vorsorgeplanung spezialisiert – mit einem besonderen Fokus auf grenzüberschreitende Sachverhalte. 

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